Der Künstler Sun Mu wuchs Anfang der 1970er-Jahre in Nordkorea auf. Dort absolvierte er eine Ausbildung zum Propagandamaler, floh aber über China, Thailand und Laos nach Südkorea. Anlass war die Hungersnot in Nordkorea der 90er Jahre. In Seoul, wo er mittlerweile lebt, studierte der Künstler Bildende Kunst. Aktuell zeigt der Projektraum Meinblau, wo Sun Mu eine einmonatige Residenz verbringt, eine Einzelausstellung des Künstlers unter dem Titel I AM SUN MU. Facing North Korea.

Sun Mus Werke kreisen um die politische Lage der koreanischen Halbinsel, die sich 1948 in Nord- und Südkorea teilte.
Die politische Situation in Nordkorea ist verheerend. Geradezu irrsinnig erscheint die alltägliche Lebenswirklichkeit der Bevölkerung, die rund um die Kim-Dynastie (Kim Il Sung, Kim Jong Il und Kim Jong Un) rotiert: Allmorgendlich tönt ein Trauerlied für den vor 25 Jahren verstorbenen Begründer der Familie. Brennt ein Haus ab, muss das Kim-Porträt – selbstverständlich haben alle Menschen ein solches Porträt in ihrer Wohnung – gerettet werden.

Sun Mu gilt in Nordkorea als Staatsfeind, weil er mit seinen satirischen Porträts der Kim-Machthaber ihren gottgleichen Status in Frage stellt. In Südkorea wird er oft zensiert. Nun muss er seine Familie schützen und tritt nur unter Pseudonym und vermummt auf. Im Netz finden sich keine Bilder. “Sun Mu” bedeutet übersetzt “ohne Grenzen” und drückt den Wunsch nach einer vereinten koreanischen Halbinsel aus. Trotz Waffenstillstand seit den 1950er-Jahren besteht bis heute kein Friedensvertrag zwischen den Ländern.

In Sun Mus Bildern stehen immer wieder die drei Kim-Machthaber vor rosa Hintergrund. Sie sind nur schemenhaft wie in einer Skizze hingeworfen. Auf manchen Darstellungen geben sie anderen politischen Persönlichkeiten wie Donald Trump die Hand. Manchmal umarmen sie Disney-Figuren wie Pluto oder werden von anderen Charakteren der Trickfilm-Welt begleitet. Sun Mu greift auf die Bildsprache der Propagandamalerei zurück, um eine subversive Ästhetik zu entwickeln. So eröffnet sich mit den Protagonist*innen weder eine märchenhafte Szenerie noch eine andere Wirklichkeit oder sonst wie geartete Parallelität. Die monochromen Hintergründe in klaren und bevorzugt pastelligen Farben fokussieren die Paarbildungen und Interaktionen. Sie lassen uns auf kleine Gesten schauen. Ihre Darstellungsweise erweckt einen sehr konkreten Eindruck, beinahe so, als hätten all diese Begegnungen stattgefunden – auch jene mit Pluto und den Fantasiewesen.
Dagegen überraschen die abstrakten und großflächigen Werke. In ihrer hingeworfenen Malweise, unkontrolliert übersät mit Farbsprengseln erinnert ihre Lebendigkeit ein wenig an Action Painting, an einen Freischlag von der klassisch geschulten Maltradition.

Die Papiercollagen, von denen sich eine ganze Vielzahl auf zwei Wänden zusammenballt, erinnern an Werke der Pop-Art. Farbenfrohe Arbeiten, die den Kontrast nicht scheuen. Die blühenden Motive und ihre knallige Buntheit wirken wie eine Werbung – ein Appell für den Frieden, die Freiheit und Menschlichkeit.

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